Warum einige Städte überfüllt sind - und andere leer stehen
Im Jahr 2025 ist der deutsche Wohnungsmarkt gespalten wie nie. In Berlin, München, Hamburg und Frankfurt ist eine Wohnung zu finden fast zur Mission impossible geworden. Gleichzeitig stehen in Dörfern in Sachsen, Thüringen oder dem Saarland Tausende Wohnungen leer - ohne dass jemand sie nutzen will. Die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Deutschland liegt bei über 1,9 Millionen, aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist: Wo sie stehen.
Die durchschnittliche Leerstandsquote in Deutschland beträgt laut aktueller Analyse von BNP Paribas Real Estate nur noch 2,5 Prozent. Klingt gut? Nicht, wenn du weißt, dass das nur der Durchschnitt ist. In Großstädten liegt die Quote unter einem Prozent. In ländlichen Regionen dagegen erreicht sie oft 10, 12, sogar 15 Prozent. Das ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis von Jahrzehnten falscher Planung, falscher Investition und falscher Wahrnehmung.
Was genau ist eine Leerstandsquote?
Die Leerstandsquote sagt aus, wie viel Wohnraum ungenutzt ist - also Wohnungen, die weder bewohnt werden, noch im Verkauf oder in der Vermietung angeboten sind. Es geht nicht um Wohnungen, die gerade renoviert werden. Es geht nicht um Ferienwohnungen. Es geht um Wohnungen, die einfach da stehen. Und das sind in Deutschland über 1,9 Millionen Einheiten.
Ein gesunder Wohnungsmarkt braucht einen Puffer von 3 bis 5 Prozent. Das ist normal. Das ist nötig, damit Mieter eine Auswahl haben, damit Vermieter nicht alles auf einmal verkaufen können, damit die Preise nicht explodieren. In den Metropolen haben wir diesen Puffer längst verloren. In Berlin liegt die Leerstandsquote bei 0,7 Prozent. In München bei 0,5. Das ist nicht knapp. Das ist kritisch. Und es hat Folgen.
Die Metropolen: Wohnungen wie Kartenhäuser
Stell dir vor, du suchst eine Wohnung in Berlin. Du findest eine. Du meldest dich bei der Vermieterin. Sie sagt: „Die Wohnung ist heute Nachmittag frei.“ Du kommst um 15 Uhr. Um 15:03 ist sie vergeben. Ein Paar aus Hamburg hat sie gesehen, hat unterschrieben, hat gezahlt. Das ist kein Einzelfall. Das ist Alltag.
Im ersten Halbjahr 2025 haben 78 Prozent der Nutzer auf Trustpilot, die nach einer Wohnung in deutschen Großstädten gesucht haben, von extremen Problemen berichtet. 120 Besichtigungen, sechs Monate Wartezeit, 30 Prozent mehr Miete als geplant - das ist der Standard. In Leipzig, wo die Eigentumsquote bei nur 14 Prozent liegt, sind Mieten in den letzten zwei Jahren um 18 Prozent gestiegen. In Frankfurt sind die Mieten für eine 70-Quadratmeter-Wohnung mittlerweile durchschnittlich 1.400 Euro.
Warum? Weil mehr Menschen dorthin ziehen - und kaum neue Wohnungen gebaut werden. Die Bevölkerung in Deutschland ist in den letzten zehn Jahren um 5 Prozent gewachsen. Die Zahl der neuen Wohnungen pro Jahr liegt aber bei nur 300.000. Der Bedarf liegt bei 500.000. Die Lücke wächst. Und die Folgen sind sichtbar: Fachkräfte wandern ab, weil sie keine Wohnung finden. Familien verlassen die Stadt, weil sie nicht mehr leben können. Und diejenigen, die bleiben, zahlen immer mehr - oft mehr als die Hälfte ihres Einkommens.
Die ländlichen Regionen: Leere Wohnungen - und keine Mieter
Im Vogtlandkreis in Sachsen steht eine 80-Quadratmeter-Wohnung leer. Sie ist 30 Jahre alt, hat eine alte Heizung, keine Isolierung. Der Besitzer hat sie nicht verkauft, weil er keine Käufer findet. Er hat sie nicht vermietet, weil er keine Mieter findet. Und doch: In der Nähe, in Chemnitz oder Zwickau, gibt es Menschen, die für diese Wohnung zahlen würden - wenn sie nur verfügbar wäre.
Das ist das Paradox. In Ostdeutschland liegt die Leerstandsquote bei 6,4 Prozent. In manchen Landkreisen wie dem Saale-Orla-Kreis oder dem Landkreis Görlitz sind es sogar über 10 Prozent. Die Wohnungen sind da. Die Menschen sind nicht da. Warum? Weil es kaum Arbeitsplätze gibt. Weil die Infrastruktur schlecht ist. Weil das Internet langsam ist. Weil die Schulen zu sind. Weil die Ärzte fehlen.
Ein Mieter aus dem Vogtlandkreis berichtet auf Reddit: „Ich zahle 350 Euro für eine 80-Quadratmeter-Wohnung. In Leipzig wäre das unmöglich.“ Das ist die Wahrheit. Aber er kann nicht einfach nach Leipzig ziehen. Weil er keinen Job hat, der ihn dort hinbringt. Weil er keine Wohnung findet, die er sich leisten könnte. Er ist gefangen.
Die Handlungsstrategie der Bundesregierung: Was läuft?
Die Bundesregierung hat erkannt: Das Problem ist nicht, dass zu wenig Wohnraum gebaut wird. Das Problem ist, dass der Wohnraum falsch verteilt ist. Deshalb hat sie im Juni 2025 die „Handlungsstrategie Leerstandsaktivierung“ vorgestellt. Ziel: Bis Ende 2025 500.000 leerstehende Wohnungen in strukturschwachen Regionen wieder nutzbar machen.
Dafür gibt es 1,2 Milliarden Euro an Fördergeldern. Aber es ist nicht einfach. Die Kommunen brauchen durchschnittlich 6 bis 9 Monate, um die Genehmigungen zu bekommen. Die Eigentümer brauchen Zeit, um zu entscheiden, ob sie sanieren oder verkaufen. Die Sanierungsfirmen brauchen Personal - und das gibt es nicht in ausreichender Zahl.
Es gibt aber auch Erfolge. Im Vogtlandkreis hat die Kommune mit lokalen Investoren zusammengearbeitet. Innerhalb von 12 Monaten wurden 200 Wohnungen saniert und vermietet. Die Mieten liegen bei 450 Euro - bezahlbar. Die Mieter kommen aus Chemnitz, aus Zwickau, aus Leipzig. Sie arbeiten im Homeoffice. Sie nutzen das schnelle Internet, das neu verlegt wurde. Sie haben eine Zukunft - und eine Wohnung.
Warum Sanieren allein nicht reicht
Wenn du nur eine alte Wohnung sanierst, ohne etwas an der Infrastruktur zu ändern, dann bleibt sie leer. Das haben viele Kommunen schon versucht. Sie haben die Heizung ausgetauscht, die Fenster ersetzt, die Fassade gedämmt. Und dann? Keine Mieter. Warum? Weil es keine Arbeit gibt. Weil kein Supermarkt da ist. Weil der Bus nur zweimal am Tag fährt.
Die Lösung muss ganzheitlich sein. Sanierung allein ist kein Endziel. Es ist ein Anfang. Der wirkliche Schlüssel ist: Arbeitsplätze schaffen. Digitale Infrastruktur ausbauen. Schulen und Ärzte halten. Sonst bleibt alles hoffnungslos.
Die Bundesregierung hat das verstanden. Deshalb fließt Geld nicht nur in die Sanierung, sondern auch in Breitbandausbau, in Mobilitätskonzepte, in die Ansiedlung von Unternehmen. In der Region um Zwickau wurde ein kleiner Tech-Hub gegründet. Jetzt arbeiten 300 Menschen dort - und suchen Wohnungen. Die Leerstandsquote sinkt. Langsam, aber sicher.
Was passiert, wenn nichts passiert?
Wenn wir nichts tun, wird sich die Spaltung verschärfen. Die Großstädte werden unerschwinglich. Die ländlichen Regionen werden weiter veröden. Die sozialen Spannungen steigen. Die Zahl der Menschen mit Zahlungsrückständen bei Strom, Gas oder Miete liegt jetzt bei 4,2 Millionen - und steigt weiter.
Experten warnen: Ohne mindestens 500.000 neue Wohnungen pro Jahr in den Ballungszentren wird das System kollabieren. Und ohne die Aktivierung von 500.000 Wohnungen in den ländlichen Regionen wird die soziale Kluft unüberwindbar.
Die Immobilienwirtschaft kann das nicht allein lösen. Aber sie kann einen Teil beitragen. Investoren, die in leerstehende Häuser investieren. Kommunen, die kooperieren. Mieter, die bereit sind, außerhalb der Großstädte zu leben - wenn die Bedingungen stimmen.
Was kannst du tun?
Wenn du auf Wohnungssuche bist: Schau nicht nur nach Berlin, München oder Hamburg. Schau in die Regionen, die oft übersehen werden. In den Vogtlandkreis. In den Landkreis Saale-Orla. In die Region um Zwickau oder Chemnitz. Dort gibt es bezahlbare Wohnungen. Und sie werden immer besser.
Wenn du Immobilienbesitzer bist: Überleg, ob du eine leere Wohnung sanieren kannst. Es gibt Fördergelder. Es gibt Unterstützung von Kommunen. Es ist nicht einfach - aber es lohnt sich. Nicht nur finanziell. Sondern gesellschaftlich.
Wenn du Politiker oder Planer bist: Denk nicht nur an Neubau. Denk an Wiedernutzung. Denk an die Menschen, die in den Dörfern leben. Denk an die Menschen, die in den Städten arbeiten. Beide brauchen eine Zukunft. Und die kann nur gemeinsam entstehen.
Die Zukunft ist nicht nur in den Metropolen
Die deutsche Wohnungskrise ist keine Krise des Angebots. Sie ist eine Krise der Verteilung. Die Lösung liegt nicht nur in neuen Baustellen. Sie liegt in alten Häusern, die wieder bewohnt werden. In ländlichen Regionen, die wieder lebendig werden. In einer Politik, die nicht nur die Großstädte sieht, sondern das ganze Land.
2025 ist das Jahr, in dem wir entscheiden: Wollen wir weiterhin nur dort bauen, wo es schon voll ist? Oder wollen wir dort bauen, wo es gebraucht wird - und wo es möglich ist?
Was ist die aktuelle Leerstandsquote in Deutschland 2025?
Die gesamte Leerstandsquote in Deutschland liegt im Jahr 2025 bei etwa 2,5 Prozent. Das ist der Durchschnittswert. In Großstädten wie Berlin oder München liegt die Quote unter einem Prozent, während sie in strukturschwachen ländlichen Regionen oft über 10 Prozent erreicht.
Warum gibt es in Ostdeutschland mehr Leerstand als im Westen?
Ostdeutschland hat nach der Wende viele Wohnungen verloren, weil die Bevölkerung abgewandert ist. Die Geburtenraten sind niedrig, die Arbeitsplätze fehlen. Viele Wohnungen wurden nicht mehr renoviert und stehen seit Jahren leer. Die Infrastruktur ist schlechter als im Westen, was es schwer macht, neue Mieter zu gewinnen.
Warum steigen die Mieten in Großstädten so stark?
Weil die Nachfrage viel höher ist als das Angebot. Die Bevölkerung wächst, die Zahl der Neubauten bleibt hinter dem Bedarf zurück. In Berlin, München und Frankfurt gibt es weniger als 1 Prozent Leerstand - das ist nicht knapp, das ist kritisch. Ohne ausreichenden Puffer steigen die Mieten rapide.
Wie funktioniert die „Handlungsstrategie Leerstandsaktivierung“?
Die Bundesregierung fördert mit 1,2 Milliarden Euro die Sanierung und Wiedernutzung leerstehender Wohnungen in strukturschwachen Regionen. Ziel ist es, bis Ende 2025 500.000 Wohnungen wieder bewohnbar zu machen. Dafür werden Kommunen, Eigentümer und Sanierungsunternehmen zusammengebracht. Fördermittel gibt es für Dämmung, Heizung, Barrierefreiheit und digitale Infrastruktur.
Kann ich als Mieter in einer ländlichen Region eine günstige Wohnung finden?
Ja - aber nur, wenn du bereit bist, außerhalb der Großstädte zu leben. In Regionen wie dem Vogtlandkreis, dem Saale-Orla-Kreis oder dem Landkreis Görlitz gibt es Wohnungen für 350 bis 500 Euro. Viele sind saniert, haben schnelles Internet und sind gut an die Infrastruktur angebunden. Der Nachteil: Arbeitsplätze sind weniger vorhanden - es sei denn, du arbeitest remote.