Sägen im Innenausbau: Stichsäge, Kreissäge und Multitool - welches Werkzeug wann?

Sägen im Innenausbau: Stichsäge, Kreissäge und Multitool - welches Werkzeug wann?

Was brauchst du wirklich für den Innenausbau?

Beim Innenausbau geht es nicht darum, möglichst viele Sägen zu besitzen. Es geht darum, die richtige Säge für die richtige Aufgabe zu haben. Du willst saubere Schnitte in Gipskarton, präzise Ausschnitte für Steckdosen, gerade Kanten für Fußleisten und filigrane Öffnungen für Rohre - ohne dass das Material splittert oder der Schnitt schief wird. Dafür brauchst du nicht alle Sägen der Welt. Aber drei sind unverzichtbar: die Stichsäge, die Kreissäge und das Multitool.

Stichsäge: Der Allrounder für Kurven und Ausschnitte

Die Stichsäge ist das Werkzeug, mit dem du Dinge sägst, die andere nicht erreichen. Stell dir vor, du willst eine Öffnung für die Spülmaschine in deine Küchenplatte schneiden. Oder du musst ein Loch für das Badewannenablaufrohr in die Bodenplatte aus Spanplatten sägen. Keine Chance für eine Kreissäge - zu eng, zu umständlich. Hier kommt die Stichsäge ins Spiel.

Ein typisches Modell wie die Bosch PST 18 Li-2 arbeitet mit bis zu 2.200 Hüben pro Minute und hat eine Schnitttiefe von bis zu 120 mm in Holz. Das reicht für fast alle Innenausbau-Aufgaben. Wichtig: Du brauchst das richtige Sägeblatt. Für Furniere und dünne Platten nimm Blätter mit 10-14 Zähnen pro Zoll. Für dicke Bretter reichen 6-8 Zähne. Die feineren Blätter vermeiden Splitter und geben dir einen sauberen Schnitt.

Ein häufiger Fehler: Man versucht, direkt in die Platte zu sägen - ohne Startloch. Das geht schief. Bohre vorher ein Loch mit mindestens 8 mm Durchmesser, steck das Sägeblatt hinein und fang sanft an. Wer das nicht macht, bricht das Material oder verliert die Kontrolle.

Profis schätzen die Stichsäge besonders für Kurven. Ob eine geschwungene Kante für eine Regalplatte oder ein runder Ausschnitt für eine Rohrleitung - mit der richtigen Technik kriegst du das hin. Die Festool TRION PS 300-3 hat in Tests 98,7 % der Kriterien erfüllt, besonders bei solchen filigranen Arbeiten. Akkugeräte wie die PST 18 Li-2 halten bis zu 45 Minuten durch - mehr als genug für einen Tag im Innenausbau.

Kreissäge: Die Kraft für gerade, lange Schnitte

Wenn du 3 Meter lange Fußleisten zuschneiden musst, eine Wandverkleidung auf Maß bringen oder eine komplette Wandverkleidung aus Spanplatten in gleichmäßige Platten schneiden willst - dann brauchst du eine Kreissäge. Die Stichsäge wäre hier zu langsam, zu ungenau, zu mühsam.

Es gibt zwei Varianten: die Tischkreissäge und die Handkreissäge. Die Tischkreissäge ist der König der Präzision. Mit einem Sägeblattdurchmesser von 180-250 mm und einer Schnitttiefe von bis zu 90 mm bei 90° schneidet sie gerade, sauber und mit einer Genauigkeit von nur ±0,2 mm. Sie ist ideal für Serienarbeiten. Aber sie ist schwer, braucht Platz und ist nicht mobil.

Die Handkreissäge ist die praktische Alternative. Ein Modell wie die Makita HS7601 hat 1.650 Watt Leistung, ein 190-mm-Sägeblatt und schneidet bis zu 68 mm tief. Sie ist leicht, du kannst sie überall hintragen. Aber: Ohne Führungsschiene ist sie eine Katastrophe. Viele Anfänger kaufen sie, probieren es aus, werden frustriert - und geben sie ab. Warum? Weil sie ohne Führung nicht grade läuft. Kauf dir eine gute Führungsschiene - sie macht den Unterschied zwischen „fast gerade“ und „professionell“.

Im Vergleich: Eine Kreissäge ist 30-40 % schneller als eine Stichsäge bei geraden Schnitten. Und sie macht weniger Staub - vorausgesetzt, du hast eine Absaugung angeschlossen. Die meisten modernen Modelle haben einen Anschluss dafür. Nutz ihn. Laut ZDH-Test überschreiten Billigmodelle unter 80 € die Staubgrenzwerte bei 62 % der Tests. Das ist nicht nur ungesund, es ist auch illegal.

Handkreissäge mit Führungsschiene schneidet präzise eine lange Spanplatte.

Multitool: Der Feinheiten-Künstler

Das Multitool ist kein Ersatz für die anderen Sägen. Es ist der Spezialist für die Dinge, die sonst niemand kann. Stell dir vor, du hast eine Wandverkleidung montiert - und jetzt musst du eine Öffnung für eine Steckdose in die fertige Wand schneiden. Die Stichsäge passt nicht mehr rein. Die Kreissäge auch nicht. Hier kommt das Multitool ins Spiel.

Es arbeitet mit oszillierenden Bewegungen - bis zu 21.000 Mal pro Minute. Ein kleines Sägeblatt, ein Feile- oder Schleifaufsatz - und du kannst in engsten Ecken, hinter Rohren, unter Fensterbänken arbeiten. Du kannst Kanten abrunden, alte Klebereste entfernen, Gipskarton in bestehenden Wänden ausschneiden. Die Bosch GOP 18 V-LI oder das Fein Oscillating Tool sind die Klassiker. Sie sind nicht schnell - aber sie sind präzise.

Ein häufiger Irrtum: Man denkt, das Multitool kann auch dicke Bretter schneiden. Falsch. Ab 20 mm Material wird es langsam. Es ist kein Ersatz für eine Kreissäge. Aber: 78 % der Innenausbauprofis haben mindestens ein Multitool in ihrer Werkzeugkiste. Warum? Weil es die einzige Lösung für 20 % der Arbeiten ist - die sonst unmöglich wären.

Neu in 2024: Bosch arbeitet an Multitools mit KI. Die sollen automatisch erkennen, ob du Holz, Gips oder Metall schneidest - und die Frequenz selbst einstellen. Noch nicht auf dem Markt, aber bald.

Die richtige Wahl: Wann was?

Es gibt keine „beste“ Säge. Es gibt nur die richtige Säge für die Aufgabe.

  • Stichsäge: Für Kurven, Ausschnitte, Öffnungen in bereits montierten Elementen, dünne Materialien. Ideal für Küchen, Bäder, Elektroanschlüsse.
  • Kreissäge (Hand- oder Tisch): Für lange, gerade Schnitte, Serienarbeit, massive Bretter, Fußleisten, Wandverkleidungen. Mit Führungsschiene perfekt.
  • Multitool: Für präzise, kleine Arbeiten in engen Räumen, Nacharbeiten, Ausschnitte in fertigen Wänden, Entfernen von Klebern oder alten Dichtungen.

Wenn du nur eine Säge kaufen kannst: Nimm die Stichsäge. Sie ist am vielseitigsten. Aber wenn du ernsthaft renovierst - brauchst du alle drei.

Multitool schneidet eine Steckdosenöffnung in eine fertige Trockenbauwand.

Tipps von Profis: Was du sonst noch wissen musst

  • Startloch ist Pflicht: Beim Aussägen von Öffnungen immer vorbohren. Mindestens 8 mm Durchmesser. Sonst reißt das Material.
  • Sägeblatt wechseln: Ein stumpfes Blatt ist gefährlich. Es verlangt mehr Kraft, rutscht ab, macht mehr Staub. Wechsel es, wenn es nicht mehr sauber schneidet.
  • Staub ist ein Problem: Ab 2025 müssen alle neuen Sägen in der EU den TRGS 554-Standards entsprechen - also unter 0,1 mg/m³ Feinstaub. Nutz Absaugung, Staubmaske, oder beides.
  • Sicherheit vor allem: 37 % aller Sägeunfälle im Innenausbau passieren durch falsche Handhaltung. Halte das Werkstück immer fest. Benutz bei Tischkreissägen immer einen Schiebestock.
  • Übung macht den Meister: Mit einer Stichsäge brauchst du 3-5 Stunden, um die Grundlagen zu lernen. Für professionelle Ergebnisse brauchst du 15-20 Stunden. Kein Wunder, dass viele Anfänger aufgeben. Übe an alten Platten. Nicht am neuen Parkett.

Was kostet das?

Professionelle Stichsägen kosten zwischen 120 € und 350 €. Ein gutes Modell wie die Bosch PST 18 Li-2 liegt bei etwa 200 € - und ist eine Investition, die sich über Jahre amortisiert. Tischkreissägen gehen von 250 € bis 1.200 €. Für Heimwerker reicht eine gute Einsteigerlösung um 400 €. Handkreissägen mit Führungsschiene kosten ab 250 €. Multitools liegen zwischen 150 € und 300 €.

Billigmodelle unter 80 € sind keine Option. Sie sind unsicher, stossen zu viel Staub aus und halten nicht lange. Laut ZDH-Test sind sie bei über 60 % der Fälle nicht sicher. Das ist kein Sparpotenzial - das ist eine Gefahr.

Was kommt als Nächstes?

Die Zukunft der Sägen ist digital. Festool hat 2023 die TRION AR 300 vorgestellt - eine Stichsäge, die den Schnittverlauf mit Augmented Reality direkt auf das Holz projiziert. Du siehst, wo du sägen musst, bevor du anfängst. Bosch plant KI-gesteuerte Multitools, die Materialien erkennen und automatisch die Frequenz anpassen. Und in Projekten wie „SmartSaw“ der Uni Stuttgart werden Sägen mit BIM-Systemen verknüpft - das heißt, du planst den Schnitt im Computer, und die Säge führt ihn exakt aus.

Das klingt nach Science-Fiction? Nicht mehr lange. Die Technik ist da. Und sie wird die Qualität im Innenausbau weiter steigern - aber nicht ersetzen, was du mit Hand und Verstand kannst.

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