Vergabestrategie für Handwerker: Einzelvergabe vs. Generalunternehmer - So sparen Sie Zeit und Geld beim Bau

Vergabestrategie für Handwerker: Einzelvergabe vs. Generalunternehmer - So sparen Sie Zeit und Geld beim Bau

Beim Hausbau oder umfangreichen Sanierungen steht jeder Bauherr vor einer entscheidenden Frage: Soll ich jedes Gewerk einzeln ausschreiben - oder lieber einen Generalunternehmer beauftragen? Beide Wege haben ihre Vor- und Nachteile. Die richtige Wahl entscheidet darüber, ob Sie am Ende mehr Geld sparen, weniger Stress haben oder sogar schneller einziehen können. In Österreich und Deutschland wird diese Entscheidung oft falsch getroffen - meist weil man nur die Kosten sieht, aber nicht die verborgenen Aufwände.

Was ist eigentlich eine Einzelvergabe?

Bei der Einzelvergabe nehmen Sie als Bauherr die volle Verantwortung für die Koordination aller Handwerker. Sie beauftragen separat den Dachdecker, den Elektriker, den Klempner, den Maurer, den Fliesenleger - jedes Gewerk einzeln. Sie selbst oder ein beauftragter Bauleiter organisieren die Termine, klären Schnittstellen, überwachen die Qualität und zahlen jeden Handwerker direkt.

Das klingt nach viel Arbeit - und das ist es auch. Ein mittelgroßer Umbau mit acht Gewerken braucht durchschnittlich 14,3 Stunden pro Woche an Koordinationszeit. Das sind fast zwei volle Arbeitstage pro Monat, die Sie mit Terminabsprachen, Mängelprotokollen und Rechnungsprüfung verbringen. Doch es hat Vorteile: Sie sehen genau, wofür Ihr Geld ausgegeben wird. Kein Generalunternehmer versteckt Margen in einem Pauschalpreis. Laut einer Auswertung der Bauwirtschaftszeitung aus April 2023 lassen sich durch direkten Vergleich der Angebote durchschnittlich 12,7 % einsparen.

Besonders bei Sanierungen von Altbauten oder historischen Gebäuden ist die Einzelvergabe oft die einzige vernünftige Wahl. 73 % der Architekten, die in einer Befragung des Deutschen Architektenblatts im Januar 2023 befragt wurden, bestätigten: Bei speziellen Anforderungen wie alten Ziegelwänden, Holzständerwerken oder Kalkputzen braucht man spezialisierte Firmen - und die findet man nur, wenn man sie direkt ausschreibt.

Wie funktioniert ein Generalunternehmer?

Ein Generalunternehmer (GU) übernimmt alles. Er unterschreibt einen einzigen Vertrag mit Ihnen, nimmt alle anderen Handwerker in Auftrag, organisiert den Baufortschritt, kümmert sich um Termine und Haftung. Sie zahlen nur eine Rechnung - und zwar am Ende oder in vereinbarten Raten. Der GU ist Ihr Ansprechpartner für alles: Ob der Dachdecker zu spät kommt, der Fliesenleger einen Fehler macht oder die Heizung nicht passt - er löst es.

Das reduziert Ihren persönlichen Aufwand drastisch. Laut Roewaplan Whitepaper vom Februar 2023 sinkt die Kommunikationslast um 67 %. Statt 12 Verträgen haben Sie nur noch einen. Die wöchentliche Koordinationszeit fällt von 14,3 auf durchschnittlich 3,2 Stunden. Das ist ein riesiger Unterschied, besonders wenn Sie berufstätig sind oder nicht in der Nähe des Baugrundstücks wohnen.

Allerdings kostet das Geld. Generalunternehmer verlangen eine Marke von 10 bis 15 %. Das ist keine Provision - das ist ihr Gewinn für die Koordination, das Risiko und den Aufwand. Laut einer Studie der Hochschule München aus Oktober 2022 führt die GU-Vergabe zu durchschnittlich 8,3 % höheren Gesamtkosten. In einem Projekt mit 400.000 Euro Baukosten sind das schon 33.200 Euro mehr.

Wann lohnt sich die Einzelvergabe?

Die Einzelvergabe ist die bessere Wahl, wenn:

  • Ihr Projekt unter 250.000 Euro liegt - laut DIBt-Daten dominieren hier 78 % der Bauherren die Einzelvergabe.
  • Sie selbst Zeit haben und organisieren können - oder einen erfahrenen Bauleiter beauftragen.
  • Sie spezielle Anforderungen haben: Altbau, Denkmalschutz, Energieeffizienzklasse A+ mit Passivhaus-Technik.
  • Sie Wert auf Transparenz legen: Sie wollen genau wissen, welches Material verwendet wird und wer es verlegt.
  • Der Handwerkermarkt in Ihrer Region nicht überlastet ist - in Salzburg, Linz oder Graz ist das heute noch oft der Fall.
Ein Bauherr aus dem Hausbau-Forum.de schrieb im Juni 2023: „Ich habe 8 Gewerke selbst koordiniert und 17 % gespart. Aber ich habe 20 Stunden pro Woche gebraucht - und das, obwohl ich schon mal einen Neubau gebaut habe.“

Wenn Sie sich dafür entscheiden, brauchen Sie mindestens Grundkenntnisse im Bauvertragsrecht (VOB/B). Die Prüfung von Angeboten, die Formulierung von Leistungsbeschreibungen und die Abnahme der Arbeiten sind keine Kleinigkeiten. Das Deutsche Institut für Bautechnik empfiehlt Bauherren, mindestens fünf Jahre Erfahrung im Bauwesen mitzubringen - oder einen Fachmann einzuschalten.

Generalunternehmer leitet Baustelle, alle Handwerker folgen ihm, ein Vertrag in der Hand.

Wann ist der Generalunternehmer die bessere Wahl?

Der Generalunternehmer ist die klügere Option, wenn:

  • Ihr Projekt über 500.000 Euro kostet - hier nutzen 62 % der Bauherren bereits die GU-Vergabe.
  • Sie wenig Zeit haben: Beruf, Familie, Pendeln - alles, was Ihnen ablenkt.
  • Der Handwerkermarkt knapp ist: In Wien, München oder Berlin liegt die Auslastung von Handwerksbetrieben bei 92 %. Ein GU hat bessere Kontakte und Kapazitäten.
  • Das Projekt komplex ist: Mehrere Stockwerke, Dachterrasse, Innenausbau mit Badezimmer und Heizung in einem Zug.
  • Sie Angst vor Streit haben: Kein Handwerker soll mit dem anderen streiten - das macht der GU für Sie.
Ein Nutzer im Hausbau-Forum.de, der „GU_Fan“ heißt, schrieb: „Mit Generalunternehmer hatte ich 12 % höhere Kosten, aber nur 2 Stunden pro Woche Aufwand - und die Baustelle war drei Wochen früher fertig.“

Wichtig: Ein GU ist kein Wunderheiler. Er ist ein Generalist - kein Spezialist. Wenn er den Fliesenleger vergibt, wählt er nicht unbedingt den besten in der Region, sondern den, der ihm am günstigsten ist. Und wenn etwas schiefgeht, ist er der Ansprechpartner - aber nur, wenn er auch wirklich verantwortlich ist. Prüfen Sie daher immer:

  • Mindestens fünf Referenzprojekte der letzten drei Jahre
  • Eine Haftpflichtversicherung von mindestens 10 Millionen Euro
  • Eine klare Leistungsbeschreibung im Vertrag - nicht nur „kompletter Innenausbau“

Was passiert bei Änderungen?

Das ist der Punkt, an dem viele Bauherren überrascht werden. Wenn Sie während der Bauphase etwas ändern wollen - eine Wand verschieben, ein Fenster größer machen, den Boden wechseln - dann wird es teuer.

Bei der Einzelvergabe: Sie sprechen direkt mit dem betroffenen Handwerker. Wenn er den Auftrag annehmen kann, ist der Nachtrag oft gering. Die Kosten entstehen nur für das, was wirklich geändert wird.

Beim Generalunternehmer: Jede Änderung wird als „Zusatzleistung“ abgerechnet. Laut einer Untersuchung des Instituts für Baubetriebswirtschaft (2022) führen Änderungen bei GU-Projekten zu durchschnittlich 18,5 % Nachträgen. Das liegt daran, dass der GU seine Planung und Logistik neu organisieren muss - und das kostet. Bei einem Projekt mit 600.000 Euro kann das schon 111.000 Euro mehr bedeuten.

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie Änderungen vornehmen werden, entscheiden Sie sich lieber für die Einzelvergabe. Sie haben mehr Flexibilität - und weniger Kostenrisiko.

Die digitale Zukunft: Hybridmodelle

Der Markt verändert sich. Neue Plattformen wie „bauXconnect“, die seit Januar 2023 in Österreich und Deutschland läuft, ermöglichen es, Einzelvergaben digital zu verwalten. Sie können Handwerker online ausschreiben, Angebote vergleichen, Termine koordinieren und Rechnungen digital abwickeln - alles in einer App. Eine Pilotstudie mit 47 Baustellen zeigte: Der Koordinationsaufwand sinkt um 35 %.

Das führt zu einem neuen Trend: Hybridvergaben. Sie beauftragen den Generalunternehmer mit den Hauptgewerken - Maurer, Dach, Fenster, Heizung - und vergeben die Spezialleistungen einzeln: Sanitär, Elektro, Holzbalken, Klimaanlage. So nutzen Sie die Vorteile beider Welten: weniger Koordinationsaufwand und mehr Kontrolle über Qualität und Preis.

28 % der mittelgroßen Bauunternehmen in Deutschland nutzen bereits dieses Modell - und die Zahl steigt. Die Bundesregierung plant bis 2024 eine gesetzliche Regelung für digitale Bauabwicklungen, die beide Modelle unterstützen soll. Wer heute plant, sollte diese Entwicklung im Auge behalten.

Hybrid-Baumanagement: Digitale App verbindet Einzelvergaben mit zentralem Generalunternehmer-Modell.

Was kostet was - die Zahlen im Überblick

Vergleich Einzelvergabe vs. Generalunternehmer
Merkmale Einzelvergabe Generalunternehmer
Kosten 12,7 % niedriger durch direkte Vergabe 8,3 % höher durch Generalunternehmer-Marge (10-15 %)
Koordinationsaufwand pro Woche 14,3 Stunden 3,2 Stunden
Verträge insgesamt 10-12 1
Änderungsrisiko Niedrig - direkte Abstimmung Hoch - 18,5 % Nachtragskosten bei Änderungen
Qualitätskontrolle Hoch - Sie wählen die Spezialisten Mittel - GU wählt günstige Partner
Terminsicherheit Mittel - abhängig von Handwerker-Kapazitäten Hoch - GU verpflichtet sich zu Fertigstellung
Beste für Projekte bis 250.000 €, Altbauten, Eigenleistung, Zeitreiche Projekte über 500.000 €, Berufstätige, komplexe Bauvorhaben, Handwerkerengpass

Was tun, wenn Sie unsicher sind?

Wenn Sie nicht wissen, welcher Weg der richtige ist, dann fragen Sie sich:

  1. Wie viel Zeit habe ich pro Woche für die Baustelle?
  2. Wie komplex ist mein Projekt? (Einfacher Umbau oder kompletter Neubau mit Dachterrasse?)
  3. Wie groß ist mein Budget? Und wie wichtig ist mir die Kontrolle über jedes Detail?
  4. Wo lebe ich? Ist der Handwerkermarkt in meiner Region überlastet?
  5. Habe ich schon einmal ein größeres Bauprojekt begleitet?
Wenn Sie zwei oder mehr dieser Fragen mit „wenig“ oder „keine“ beantworten, dann ist der Generalunternehmer die sicherere Wahl. Wenn Sie hingegen „viel“ oder „sehr“ sagen, dann lohnt sich die Einzelvergabe - aber nur, wenn Sie sich auf den Aufwand einlassen.

Der entscheidende Tipp

Vergleichen Sie nicht nur die Preise. Vergleichen Sie die Belastung. Einige Bauherren sparen 15.000 Euro - und verlieren 200 Stunden Zeit, 100 Stunden Stress und drei Schlafnächte. Andere zahlen 30.000 Euro mehr - und schlafen ruhig, weil sie wissen: Alles läuft. Beides ist richtig. Es geht nicht darum, wer am wenigsten zahlt. Es geht darum, wer am wenigsten leidet.

Wählen Sie nicht nach dem billigsten Angebot. Wählen Sie nach dem, was Ihnen am meisten Ruhe bringt. Denn ein Haus bauen ist kein Projekt - es ist ein Lebensabschnitt. Machen Sie ihn nicht zur Belastung.

Ist die Einzelvergabe für Anfänger geeignet?

Nein, nicht ohne Unterstützung. Die Einzelvergabe erfordert fundierte Kenntnisse im Bauvertragsrecht (VOB/B), die Fähigkeit, Angebote zu prüfen und Schnittstellen zwischen Gewerken zu koordinieren. Für Anfänger ist das ein hohes Risiko. Besser: Ein erfahrener Bauleiter beauftragen - oder direkt zum Generalunternehmer greifen.

Kann ich einen Generalunternehmer nachträglich wechseln?

Ja, aber nur mit hohen Kosten und rechtlichem Aufwand. Ein GU-Vertrag ist ein Gesamtvertrag. Wenn er nicht leistet, müssen Sie ihn erst formell abmahnen, dann kündigen - und einen neuen finden. Das kann Monate dauern und den Baufortschritt stoppen. Deshalb: Prüfen Sie den GU gründlich, bevor Sie unterschreiben.

Wie finde ich einen guten Generalunternehmer?

Fordern Sie mindestens fünf Referenzprojekte der letzten drei Jahre an - und besuchen Sie zwei davon. Fragen Sie die ehemaligen Bauherren: War der GU pünktlich? Hat er Mängel schnell behoben? Hat er Kostenüberschreitungen kommuniziert? Prüfen Sie auch die Haftpflichtversicherung: mindestens 10 Millionen Euro. Und: Vermeiden Sie Firmen, die nur mit „Pauschalangeboten“ werben - ohne detaillierte Leistungsbeschreibung.

Warum sind die Kosten bei Einzelvergabe niedriger?

Weil Sie direkt mit den Handwerkern verhandeln - ohne dass ein Generalunternehmer seine Marge von 10-15 % aufschlagen muss. Außerdem können Sie bei Angeboten vergleichen, was bei GU nicht möglich ist. Der GU bietet nur ein Pauschalangebot - und das ist oft teurer, weil er Risiken und Koordinationsaufwand in den Preis einrechnet.

Wann ist der Handwerkerengpass besonders problematisch?

In Ballungsräumen wie Wien, München, Salzburg oder Linz, wo die Auslastung von Handwerksbetrieben bei 92 % liegt. Dann ist es fast unmöglich, alle Gewerke einzeln zu bekommen - und wenn, dann mit langen Wartezeiten. Ein Generalunternehmer hat bessere Netzwerke und kann Kapazitäten aus anderen Regionen anfordern. In ländlichen Gegenden ist die Einzelvergabe noch oft machbar.

Brauche ich eine Bauleitung bei Einzelvergabe?

Nicht zwingend, aber sehr empfehlenswert. Ein Bauleiter mit Erfahrung spart Ihnen 30-40 % des Koordinationsaufwands und verhindert teure Fehler. Die Kosten dafür liegen bei 1-2 % der Gesamtbaukosten - ein gutes Investment, wenn Sie den Aufwand vermeiden wollen.

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