Vertragsprüfung vor Unterschrift: Die ultimative Checkliste für Immobilienkäufer in Deutschland

Vertragsprüfung vor Unterschrift: Die ultimative Checkliste für Immobilienkäufer in Deutschland

Beim Immobilienkauf in Deutschland unterschreiben viele Käufer den Vertrag, ohne ihn wirklich gelesen zu haben. Das ist kein Risiko - das ist ein Fehler, der später Tausende Euro kosten kann. Laut einer Umfrage des Immobilienverbandes IVD aus 2023 unterschreiben 42 % der Käufer den Vertrag ohne fachliche Prüfung. Die Folge? Durchschnittlich 15.000 Euro zusätzliche Kosten durch Rechtsstreitigkeiten, unklare Vereinbarungen oder versteckte Belastungen. Dabei ist die Lösung einfach: eine strukturierte Checkliste. Und die brauchst du nicht erst nach dem Notartermin, sondern vor der Unterschrift.

Die wichtigsten Prüfpunkte - Schritt für Schritt

Bevor du den Vertrag unterschreibst, musst du sicher sein, dass alles stimmt. Das fängt bei den einfachsten Dingen an und endet bei komplexen rechtlichen Details. Hier ist, was du wirklich prüfen musst.

  • Vertragspartner: Stimmen Name und Adresse? Der Verkäufer muss exakt so heißen, wie er im Grundbuch eingetragen ist. Kein Spitzname, keine Abkürzung. Wenn er als „Herr Müller“ auftritt, aber im Grundbuch „Hans Müller“ steht, ist das ein rotes Licht. Notare prüfen das - aber du solltest es auch tun. Laut Notarin Sabine Müller aus München passiert das in 7 % der Fälle, und es kann den Vertrag unwirksam machen.
  • Objektbeschreibung: Genau genug? Die Immobilie muss klar identifizierbar sein. Das bedeutet: Flurstücknummer, Straße, Hausnummer, Baujahr, Wohnfläche, Grundstücksgröße. Bei einer Eigentumswohnung kommt noch der Anteil am Gemeinschaftseigentum dazu - z. B. „24,7 %“. Wenn da nur steht „Wohnung im 3. OG“, ist das ungenug. Ein unklarer Vertrag ist ein Streitpotenzial.
  • Kaufpreis: Ist er festgeschrieben? Der Preis muss in Zahlen stehen, nicht als „ca. 350.000 €“. Und er muss mit der Finanzierungszusage übereinstimmen. Wenn du eine Zusage von 320.000 € hast, aber der Vertrag 350.000 € verlangt, hast du ein Problem. Auch die Bankverbindung muss korrekt sein. Ein falscher IBAN? Dein Geld ist weg, bevor du es merkst.
  • Zahlungsmodalitäten: Wann, wie, wo? Wann fällt die Anzahlung fällig? Wann die Restzahlung? Ist sie an die Beurkundung gekoppelt? Gibt es eine Frist, innerhalb der du die Finanzierung nachweisen musst? Diese Punkte sind nicht „nur Formalia“. Sie sind dein Schutz. Wenn nichts steht, ist nichts garantiert.
  • Belastungen im Grundbuch: Was ist drauf? Das ist der kritischste Punkt. Der Vertrag muss mit dem aktuellen Grundbuchauszug übereinstimmen. Prüfe: Gibt es Hypotheken, Grundschulden, Dienstbarkeiten (z. B. Leitungsrechte), oder sogar ein Widerrufsrecht des Nachbarn? Ein Fall aus Hamburg 2023: Eine Käuferin entdeckte mit Hilfe der Checkliste eine Grundschuld von 42.000 €, die im Vertrag nicht erwähnt war. Sie sparte sich den Verlust - und den Stress.

Was du sonst noch nicht vergessen darfst

Es gibt Dinge, die nicht im Vertrag stehen - aber trotzdem wichtig sind. Die meisten Checklisten vergessen sie. Hier sind die versteckten Fallen.

  • Schlüsselübergabe: Wann genau? „Nach Bezahlung“ ist keine Angabe. Was ist, wenn der Verkäufer noch drei Wochen wohnt? Wer zahlt die Nebenkosten in dieser Zeit? Formuliere klar: „Die Schlüsselübergabe erfolgt am 15. Juni 2025 um 14:00 Uhr gegen Unterschrift einer Quittung.“ So vermeidest du Streit.
  • Möbel und Einbauküche: Sind sie dabei? Wenn die Einbauküche im Vertrag nicht extra genannt ist, gehört sie nicht zum Kauf. Ein Käufer aus Leipzig erfuhr das erst, nachdem der Verkäufer die Küche abmontiert hatte. Jetzt muss er eine neue kaufen. Gib alles, was mitgegeben werden soll, in einer Anlage mit Nummern und Zustand auf.
  • Nebenkosten: Wer zahlt was? Notarkosten (1,5-2 % des Kaufpreises), Grunderwerbsteuer (3,5-6,5 % je nach Bundesland), Maklerprovision (1,5-3 % + MwSt.) - das sind keine Nebensächlichkeiten. Sie kommen auf dich zu. Die Gesamtbelastung (Darlehen + Nebenkosten) sollte maximal 40 % deines Nettoeinkommens betragen. Sonst wird’s eng.
  • Eigentumswohnung: Teilungserklärung prüfen! Hier liegen 31 % aller Streitigkeiten. Die Teilungserklärung regelt: Wer zahlt für den Aufzug? Wer entscheidet über die Fassadensanierung? Wie hoch ist die monatliche Hausgeldabrechnung? Die letzten drei Jahre der Abrechnungen musst du sehen. Wenn sie über 1.000 € pro Monat liegen, frag dich: Kann ich das tragen?

Dokumente, die du vor dem Notartermin brauchst

Der Notar verlangt sie - aber du musst sie vorher haben. Sonst verschiebt sich der Termin, und du verlierst Zeit und Geld.

  • Personalausweis oder Reisepass (für alle Beteiligten)
  • Finanzierungszusage der Bank (nicht nur eine Interessenbekundung!)
  • Aktueller Grundbuchauszug (nicht älter als drei Monate)
  • Energieausweis (gültig und ausgehängt)
  • Teilungserklärung und letzte drei Hausgeldabrechnungen (nur bei Wohnung)

Wenn du eines dieser Dokumente nicht hast, sag es dem Notar. Er wird dir helfen - aber nur, wenn du es rechtzeitig sagst. Nicht am Tag vorher.

Anwalt erklärt einem Paar im Notariat einen Immobilienvertrag an einem digitalen Bildschirm.

Warum du einen Anwalt brauchst - und wie du ihn findest

Der Notar ist kein Anwalt für dich. Er ist neutral. Er stellt sicher, dass der Vertrag rechtlich zustande kommt. Er prüft nicht, ob er für dich fair ist. Dafür brauchst du einen Fachanwalt für Immobilienrecht.

Prof. Dr. Anja Weber von der Universität Leipzig hat 2023 gezeigt: Käufer, die ihren Vertrag vorher von einem Anwalt prüfen ließen, hatten 27 % weniger rechtliche Probleme im ersten Jahr nach dem Kauf. Das ist kein kleiner Unterschied - das ist ein riesiger Vorteil.

Wie findest du einen? Suche nach „Fachanwalt für Immobilienrecht“ in deiner Stadt. Der Deutsche Anwaltsverband (DAJV) führt eine Liste. Ein Gespräch kostet meist 150-250 € - aber das ist Geld, das du nicht für Rechtsstreitigkeiten ausgeben musst. Laut Rechtsanwalt Dr. Thomas Schmidt aus Frankfurt: „Ein falsch geprüfter Vertrag kann bis zu 10 Jahre nach dem Kauf noch Probleme machen.“

Wie du die Checkliste nutzt - Praxis-Tipps

Die Checkliste ist kein Papier, das du abhackst. Sie ist dein Werkzeug.

  • Drucke sie aus - oder nutze eine digitale Version (HEID Immobilienbewertung bietet eine kostenlose Excel-Vorlage an, die 12.345 Nutzer im ersten Quartal 2024 heruntergeladen haben).
  • Markiere mit Farben: Rot für kritische Punkte, Gelb für Unklarheiten, Grün für alles, was passt.
  • Prüfe den Vertrag mindestens 14 Tage vor dem Notartermin. Das ist dein Recht. Nutze es.
  • Frage: „Was passiert, wenn…?“ - z. B. „Was passiert, wenn die Finanzierung nicht kommt?“ - und lass das im Vertrag festhalten.

Ein User auf ImmobilienScout24 schrieb: „Hätte ich die Checkliste von Schwäbisch Hall genutzt, hätte ich bemerkt, dass die Garage nicht als Eigentum, sondern nur als Mietobjekt übertragen wurde. Das kostete mich 8.500 €.“ Das ist kein Einzelfall.

Haus-Schloss mit rechtlichen Dokumenten als Schlüssel, einer funktionierenden und anderen defekten.

Was du nicht tun solltest

Vermeide diese fünf Fehler - sie sind häufig, aber leicht zu verhindern.

  1. Nicht prüfen, weil „der Notar das schon macht“ - er macht es nicht für dich.
  2. Unterschreiben, weil „es jetzt oder nie“ ist - es ist immer besser, einen Termin zu verschieben als einen Fehler zu machen.
  3. Die Teilungserklärung ignorieren - sie ist genauso wichtig wie der Kaufvertrag.
  4. Verkäufer als „Freund“ betrachten - ein Vertrag ist kein Vertrauensverhältnis, sondern ein Rechtsinstrument.
  5. Keine Kopie behalten - du brauchst eine unterschriebene Kopie. Alles andere ist ein Risiko.

Was sich 2025 ändert - und warum du aufpassen musst

Ab 2025 gilt für öffentliche Gebäude das neue Klimaschutz-Management-System (Klima-MaSys). Wenn du ein Gebäude kaufst, das später saniert werden muss, kann das zu hohen Kosten führen. Prüfe im Energieausweis, ob die Immobilie unter diese Vorschrift fällt. Auch die Bundesnotarkammer arbeitet an einer standardisierten digitalen Checkliste, die bis Ende 2024 in 150 Notariaten getestet wird. Sie wird die Prüfung einfacher machen - aber nicht ersetzen.

Was bleibt, ist die Grundregel: Keine Unterschrift ohne Prüfung. Ob du nun die Checkliste von Dr. Klein, Immostat24 oder Schwäbisch Hall nimmst - Hauptsache, du nutzt eine. Und du prüfst sie mit einem Anwalt. Denn Immobilien sind nicht nur ein Zuhause. Sie sind die größte Investition deines Lebens.

Wie lange habe ich Zeit, den Kaufvertrag zu prüfen?

Du hast in der Regel 14 Tage vor dem Notartermin Zeit, den Vertrag zu prüfen. Das ist kein Angebot, sondern dein Recht. Der Notar muss dir den Vertrag mindestens zwei Wochen vor der Beurkundung zukommen lassen. Nutze diese Zeit - nicht nur, um ihn zu lesen, sondern um ihn von einem Fachanwalt prüfen zu lassen. Wer das nicht tut, handelt leichtfertig.

Kann ich den Kaufvertrag nach der Unterschrift noch widerrufen?

Nein. Der Immobilienkaufvertrag ist nach notarieller Beurkundung bindend. Es gibt keinen gesetzlichen Widerruf wie bei Online-Käufen. Nur wenn der Vertrag rechtswidrig ist - z. B. weil der Verkäufer kein Eigentümer war oder Betrug vorlag - kannst du ihn vor Gericht anfechten. Das ist teuer und zeitaufwendig. Deshalb: Prüfe vor der Unterschrift, nicht danach.

Was passiert, wenn im Grundbuch etwas steht, was im Vertrag nicht steht?

Dann ist der Vertrag nicht vollständig. Du hast ein Recht auf eine Berichtigung des Grundbuchs - aber nur, wenn du das vor der Unterschrift feststellst. Wenn du den Vertrag unterschreibst, ohne es zu bemerken, übernimmst du die Belastung. Ein Beispiel: Eine Grundschuld von 30.000 €, die im Grundbuch steht, aber nicht im Vertrag - das wird zu deiner Verpflichtung. Der Notar prüft das, aber er sagt dir nicht, ob es ein Problem ist. Du musst es selbst erkennen.

Müssen alle Verkäufer gemeinsam unterschreiben?

Ja. Wenn mehrere Personen im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind - z. B. Ehegatten, Erben oder Mitbesitzer - müssen alle gemeinsam unterschreiben. Wenn nur einer unterschreibt, ist der Vertrag nichtig. Das ist ein häufiger Fehler, den viele Checklisten nicht erwähnen. Prüfe den Grundbuchauszug: Wer ist Eigentümer? Dann stelle sicher, dass alle unterschreiben.

Wie teuer ist die Prüfung durch einen Anwalt?

Ein Fachanwalt für Immobilienrecht berechnet meist zwischen 150 und 250 Euro für die Prüfung eines Kaufvertrags. Das ist ein kleiner Betrag im Vergleich zu den möglichen Kosten eines Fehlers - 15.000 Euro oder mehr. Viele Anwälte bieten eine Festpreis-Prüfung an. Frag danach. Es ist die beste Investition, die du bei deinem Immobilienkauf tätigst.

Kommentare


Dagmar Devi Dietz
Dagmar Devi Dietz Dezember 20, 2025 at 07:15

Ich hab den Vertrag unterschrieben, ohne was zu prüfen… und jetzt zahle ich 18.000 € für eine Grundschuld, die niemand erwähnt hat 😭

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